Ab sofort müssen Auftragnehmer nicht mehr so lange auf die Begleichung Ihrer Rechnung durch öffentliche Auftraggeber warten. Laut einer Umfrage des KSV 1870 dauerte es im Vorjahr durchschnittlich 42 Tage, bis der Auftragnehmer für seine Leistung bezahlt wurde. Das am 20. März im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Zahlungsverzugsgesetz verpflichtet nun auch die öffentliche Hand, Ihre Rechnungen innerhalb von maximal 30 Tagen zu begleichen. Der Auftraggeber hat auch dafür Sorge zu tragen, dass der Betrag bis zu dieser Frist auf dem Konto des Auftragnehmers eingegangen ist. Kürzere Zahlungsziele können natürlich festgelegt werden. Verlängerungen sind im öffentlichen Bereich aber nur in speziellen Fällen, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen, möglich. Österreich folgt hiermit dem Artikel 12 der EU-Zahlungsverzugsrichtlinie (EU-Richtlinie 2011/7/EU), die alle Mitgliedstaaten verpflichtet, diese Regelung bis 16. März 2013 umzusetzen.
In diesem Artikel finden Sie die wichtigsten Nachprüfungsfristen für die unterschiedlichen Vergabeverfahren. Sie können die Checkliste auch bequem als pdf-Datei downloaden bzw. ausdrucken: Checkliste Nachprüfungsfristen
Gesondert anfechtbare Entscheidungen
Das BVergG 2006 differenziert zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen. Entscheidungen die in § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 nicht ausdrücklich genannt sind, können nur gemeinsam mit der zeitlich nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung bekämpft werden. § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 lautet wie folgt:
„Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:
aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
bb) im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
cc) im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden ei-nes Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ee) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ff) im offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
gg) im nicht offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
hh) im geladenen Wettbewerb: die Wettbewerbsunterlagen; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
ii) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; bei einer Rahmenvereinbarung, die mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
jj) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 192 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) bis ee) oder nn) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; Entscheidung, mit welchem Unter-nehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
kk) bei dynamischen Beschaffungssystemen: hinsichtlich des zum Abschluss des dynamischen Beschaffungssystems führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die gesonderte Aufforderung zur Angebotsabgabe; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ll) beim wettbewerblichen Dialog: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Teilnahme; die Nichtberücksichtigung einer Lösung in der Dialogphase; den Abschluss der Dialogphase; die Aufforderung zur Angebotsabgabe, das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
mm) im Prüfsystem: die Ausschreibung; die Ablehnung des Antrages auf Aufnahme in das Prüfsystem; die Mitteilung über die beabsichtigte Aberkennung der Qualifikation;
nn) bei der Direktvergabe: die Wahl des Vergabeverfahrens;
oo) bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Wahl des Vergabeverfahrens; die Bekanntmachung.“
Präklusionsfristen
Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages macht das BVergG 2006 weiters von der Einhaltung bestimmter Fristen, den sogenannten Präklusionsfristen, abhängig. In § 321 BVergG 2006 ist geregelt, welche (gesondert anfechtbaren) Entscheidungen innerhalb welcher Fristen bekämpft werden müssen.
Die Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion, die betreffende gesondert anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen) können in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden.
Fristentabelle
Tabelle 1: Nachprüfungsfristen | ||
---|---|---|
Offenes Verfahren | Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung | |
Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages | --- | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Nicht-Zulassung zur Teilnahme | --- | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Aufforderung zur Angebotsabgabe / Ausschreibungsbestimmungen | 7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Ausscheiden | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Widerrufesentscheidung | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Zuschlagsentscheidung | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Tipp
Da die Nachprüfungsfristen äußerst kurz bemessen sind und Nachprüfungsanträge aufgrund des Formalismus der Verfahren zeitaufwendig sind, ist eine möglichst umgehende Einbindung der Rechtsabteilung bzw eines Rechtsbeistandes zu empfehlen.
[Anmerkung: die Kontaktdaten der Autoren finden Sie auf der Seite „Über uns„]
Ist die Teilnahme an einer Ausschreibung für Sie als Bieter erlaubt, sollten Sie unbedingt dabei sein!
- Sie stellen sicher, dass Ihr Angebot nicht durch Verlesungsfehler ungerechtfertigterweise ausgeschieden wird
- Sie erhalten Informationen über die Angebote Ihrer Mitbewerber
Die folgende Checkliste zeigt Ihnen, wie die Angebotsöffnung abläuft und was das für Sie als Bieter bedeutet. Die Checkliste können Sie auch bequem als pdf-Datei downloaden bzw. ausdrucken: Checklist Angebotsöffnung
1. Angebotsöffnung
1.1. Kommission
Die Angebotsöffnung hat durch eine Kommission zu erfolgen, die aus mindestens zwei sachkundigen Vertretern des Auftraggebers besteht. Wenn die Bieter von der Teilnahme an der Angebotsöffnung ausgeschlossen sind, hat die Kommission aus drei sachkundigen Vertretern des Auftraggebers zu bestehen.
1.2 Überprüfung der Anwesenden
Bieter bzw. deren bevollmächtigte Vertreter dürfen anwesend sein, sowie die Mitglieder der Kommission und allfällige Hilfsorgane (zB Schreibkräfte etc).
WICHTIG: Im Protokoll ist festzuhalten, wer bei der Angebotsöffnung anwesend ist. Die anwesenden Bieter bzw. deren Vertreter sollen unbedingt
das Protokoll unterschreiben!
1.3 Überprüfung der Unversehrtheit und Rechtzeitigkeit des Einlangens der Angebote
In weiterer Folge ist zu überprüfen, ob die Angebote ungeöffnet sind; sind die Angebote geöffnet, so ist dies in der Niederschrift jedenfalls zu vermerken.
Ferner ist zu prüfen, ob die Angebote vor Ablauf der Angebotsfrist eingelangt sind. Angebote, die zu spät eingelangt sind, dürfen grundsätzlich nicht geöffnet werden; sie sind vielmehr als verspätet eingelangte Angebote zu kennzeichnen und ungeöffnet zu belassen. Lediglich wenn zur Feststellung der Bieterdaten eine Öffnung erforderlich ist, ist der Auftraggeber hierzu berechtigt.
1.4 Öffnung der Angebote
Sofern festgestellt wurde, dass die Angebote vor Ablauf der Angebotsfrist eingelangt sind, sind sie zu öffnen. Die geöffneten Angebote sind in der Reihenfolge, in der sie in das Einlangensverzeichnis eingetragen wurden, mit fortlaufenden Nummern zu versehen.
1.5 Angebotsfertigung
In einem weiteren Schritt ist festzustellen, ob das Angebot unterfertigt ist. Da während der Angebotsöffnung keine Angebotsprüfung stattfinden darf, ist insbesondere nicht zu prüfen, ob das Angebot die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Form der Unterfertigung aufweist. Dies hat erst bei Angebotsprüfung zu erfolgen.
1.6 Feststellen der Angebotsteile und Prüfung der Vollständigkeit des Angebotes
Es ist die Zahl der Angebotsteile festzustellen und zu prüfen, ob alle mit der Abgabe des Angebotes verlangten Unterlagen diesem angeschlossen sind. Sofern Angebotsteile (oder auch nur einzelne Seiten) fehlen, ist dies in der Niederschrift zu vermerken.
1.7 Aus den Angeboten (und zwar auch aus Alternativangeboten) ist zu verlesen:
- Name und Geschäftssitz des Bieters
- Preis: Es ist der Gesamtpreis (Summe der Positionspreise unter Berücksichtigung allfälliger Nachlässe oder Aufschläge, exkl Ust) oder der
Angebotspreis (Gesamtpreis inkl Ust) unter Angabe des Ausmaßes allfälliger Nachlässe oder Aufschläge zu verlesen; Wichtig: Verlesung der Preise auch bei Alternativangeboten und Varianten; bei Zulässigkeit von Teilangeboten auch Verlesung von Teilgesamtpreis oder Teilangebotspreis! - Sonstige wesentliche Erklärungen
- Sonstige im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien als dem Preis relevante in Zahlen ausgedrückte Bieterangaben, deren sofortige Verlesung möglich und zumutbar ist und in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt wurde.
Ferner dürfen aus Schreiben der Bieter, mit welchen einzelne Preise oder der Gesamtpreis des Angebotes abgeändert werden, nur die geänderten Einheits- oder Positionspreise sowie der geänderte Gesamtpreis oder Angebotspreis bekannt gegeben werden. Andere Angaben dürfen den Bietern nicht zur Kenntnis gebracht werden. Wenn auf Grund der Vielzahl der Preise ein Verlesen derselben untunlich wäre, so sind den Bietern, die dies beantragen, die Preise binnen drei Arbeitstagen nachweislich bekannt zu geben.
2. Kennzeichnung der Angebote
Die Angebote einschließlich aller Begleitschreiben und Beilagen sind während der Angebotsöffnung so zu kennzeichnen, dass ein nachträglicher Austausch von Angebotsteilen feststellbar ist (zB durch Lochung).
3. Niederschrift
3.1 Inhalt der Niederschrift
Über die Angebotsöffnung ist eine Niederschrift zu erstellen, welche folgendes zu enthalten hat:
- Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Angebotsöffnung;
- Geschäftszahl, Gegenstand und Hinweis auf die Art des Vergabeverfahrens; im vorliegenden Vergabeverfahren sind daher folgende Angaben
in die Niederschrift aufzunehmen:
– eine allfällige interne Geschäftszahl, die beim Auftraggeber festgelegt worden ist;
– den Vermerk, wie das Vergabeverfahren konkret bezeichnet wird;
– den Hinweis, dass es sich um ein offenes Verfahren / nicht offenes Verfahren handelt. - Namen aller Anwesenden;
- zwingend verlangte, aber nicht vorhandene Beilagen; und
- Vermerke über offensichtliche Angebotsmängel.
3.2 Fertigung der Niederschrift
Die Niederschrift ist von allen Mitgliedern der Kommission zu unterfertigen. Bietern, die zur Teilnahme an der Angebotsöffnung berechtigt waren, ist auf Verlangen eine Kopie der Niederschrift auszufolgen.
4. Tipp
Bieter sollten jedenfalls (soweit zulässig) an der Angebotsöffnung teilnehmen. Durch die Teilnahme kann einerseits sichergestellt werden, dass bei dem eigenen Angebot kein (Verlesungs-)Fehler unterläuft, welcher zu einem Ausscheiden des Angebots führt. Andererseits erhält der Bieter Informationen über das Angebot und uU allfällige Mängel der Angebote der Konkurrenz.
Sie finden eine spannende Ausschreibung, Auftragsvolumen (oder Eignungskriterien) übersteigen jedoch Ihre Kapazitäten. Was nun?
So nutzen Sie Bekanntmachungen zu Ausschreibungen, um öffentliche Auftraggeber als Kunden zu gewinnen:
Bilden Sie Bietergemeinschaften
Eine Bietergemeinschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmer, die ein gemeinsames Angebot in einem Vergabeverfahren einreichen. Nicht nur wenn in einer Ausschreibung unterschiedliche Leistungen abgefragt werden und Ihr Unternehmen nur Teile davon bedienen kann, kann eine Bietergemeinschaft sinnvoll sein. Auch wenn Sie die Eignungskriterien – z.B. hinsichtlich Umsatz oder Referenzen – nicht erfüllen, können die fehlenden Teile durch andere Unternehmen im Rahmen einer Bietergemeinschaft erbracht werden.
Beachten Sie jedoch die etwaige Vorlaufzeit für das Eingehen einer solchen Gemeinschaft. Bereiten Sie daher Musterverträge für die Bietergemeinschaft vor und führen Sie Sondierungsgespräche mit möglichen Kooperationspartnern schon bevor Sie eine konkrete Ausschreibung im Auge haben. Spätestens wenn Sie eine interessante Vorinformation lesen, sollten Sie agieren.
Werden Sie Subunternehmer
Bekanntmachungen über einen vergebenen Auftrag sind nicht nur zur Beobachtung Ihrer Mitbewerber interessant, sondern können auch als Vertriebstool hilfreich sein. Kontaktieren Sie den Gewinner der Ausschreibung und bieten Sie sich als Subunternehmer an. Vor allem wenn Ihr Unternehmen Kostenvorteile oder eine besondere Expertise in einem Teil des Auftragsgegenstands besitzt, kann es für den Gewinner der Ausschreibung interessant sein, mit Ihnen zu kooperieren.
Achtung: Der Auftraggeber muss in den Ausschreibungsunterlagen angeben, ob nur Subunternehmen vom Bieter bekannt zu geben sind, die wesentliche Auftragsteile erbringen, oder alle. So kann es daher für eine konkrete Ausschreibung zu spät sein, wenn Sie sich erst nach der Auftragsvergabe mit dem Bieter in Verbindung setzen. Können Sie aber Ihre Leistungsfähigkeit gegenüber dem Bieter darlegen, wird er ggf. in der nächsten Ausschreibung auf Sie setzen.
Positionieren Sie sich für Direktvergaben
Öffentliche Aufträge mit niedrigen Auftragswerten werden in der Regel „direkt vergeben“. Hierzu fordert der Auftraggeber mehrere Unternehmen auf, ein Angebot zu legen. Um eines dieser aufgeforderten Unternehmen zu sein, gehen Sie am besten folgendermaßen vor:
- Überlegen Sie, welche Auftraggeber Ihre Leistungen bzw. Produkte am ehesten benötigen.
- Suchen Sie Ausschreibungen solcher Auftraggeber. Häufig sind diese direkt auf der Website des Auftraggebers verfügbar, ansonsten können Sie in den offiziellen Publikationsmedien oder bei Informationsdienstleistern wie www.infodienst-ausschreibungen.at suchen. Details zur Suche nach Ausschreibungen finden Sie auch in unserem Artikel „Wie komme ich an öffentliche Ausschreibungen?“.
- In der Ausschreibung finden Sie den Ansprechpartner für Ausschreibungen in der jeweiligen Vergabestelle. Häufig gibt es unterschiedliche Personen für die verschiedenen zu beschaffenden Leistungen, weshalb es sich empfiehlt, nach Ausschreibungen im gewünschten Produkt- bzw. Leistungsbereich zu recherchieren.
- Kontaktieren Sie die jeweiligen Ansprechpartner bzw. wenden Sie Ihre erprobte Sales-Strategie aus dem Business-to-Business-Bereich an. Öffentliche Einkäufer „ticken“ zwar häufig etwas anders und unterliegen anderen Rahmenbedingungen, haben aber in der Regel das gleiche Ziel wie Einkäufer privater Unternehmen: gute bzw. für Ihre Bedürfnisse passende Produkte und Leistungen (zu einem möglichst günstigen Preis) zu erwerben. Zeigen Sie, warum gerade Ihr Unternehmen für einen zukünftigen Auftrag infrage kommen soll – und Sie haben beste Chancen, bei Direktvergaben eingeladen zu werden.
Tipp: befindet sich der Ansprechpartner in einem aktuellen Vergabeverfahren, ist er für Ihr Anliegen möglicherweise gerade nicht sehr offen. Probieren Sie’s lieber etwas später wieder. Idealerweise legen Sie sich daher zuerst eine möglichst umfassende Liste bzw. Datenbank an Kontakten an und arbeiten diese etwas später ab. Wenn Sie Zugriff auf bereits abgelaufene Ausschreibungen haben, können Sie natürlich sofort loslegen.
Warten Sie ab
Ab 2013 wird es wieder einfacher, an Ausschreibungen teilzunehmen. Denn mit Jahresende läuft die Schwellenwerteverordnung ab, die Direktvergaben bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000 und das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung (im Falle von Bauaufträgen) bis zu einem Wert von unter EUR 1.000.000 ermöglicht.
Ab 1.1.2013 gilt:
Direktvergaben sind nur noch bei einem geschätzten Auftragswert in Höhe von unter EUR 50.000 möglich. (Weitere Informationen zu den Schwellenwerten finden Sie auch in unserem Artikel Änderungen im Bundesvergabegesetz (BVergG).
Kurzumfrage zu Kooperationen bei öffentlichen Aufträgen:
Leiden auch Sie unter hohen Auftragswerten? Wie gehen Sie damit um? Haben Sie Interesse an einer Kooperationsbörse?
Bitte geben Sie uns Ihr Feedback mittels folgender Umfrage. Herzlichen Dank!
Ersatz für fehlende Eignungskriterien
Es wird vorkommen, dass Ihr Unternehmen die geforderten Eignungsnachweise nicht erfüllt. Ein Grund, die Ausschreibung abzuhaken? Mitnichten!
Während Nachweise zur Zuverlässigkeit (wie z.B. einschlägige Verurteilungen oder Zahlungsrückstände gegenüber dem Sozialversicherungsträger) von jedem Beteiligten der Ausschreibung erfüllt und nachgewiesen werden müssen, können andere Kriterien – insbesondere der Leistungsfähigkeit – durch Dritte ergänzt (substituiert) werden: „Fehlt“ dem Informationstechniker die Befugnis zur Vornahme von Trockenbauarbeiten, zieht er im Angebot oder in der Teilnahmeunterlage einen geeigneten und befugten Trockenbaumeister hinzu. Fehlen EUR 50.000,– zum geforderten durchschnittlichen Jahresumsatz, können diese mit dem Umsatz eines leistungsfähigen Kooperationspartners ergänzt werden. Der Auftraggeber muss die Umsätze dann addieren.
Tabelle III.1: Substituierung von Nachweisen
Bereich Regelung BVergG Kann Auftraggeber andere Nachweise verlangen? Darf der Bewerber substituieren?
Zuverlässigkeit § 72 BVergG Sehr eingeschränkt Nein
Befugnis § 71 BVergG Nein Ja
Finanzielle Leistungsfähigkeit § 74 BVergG Ja Ja
Technische Leistungsfähigkeit § 75 BVergG Nein, er darf die vorgesehenen Kriterien aber konkretisieren Ja
Einzige Voraussetzung: Der Bieter muss den Nachweis erbringen, dass ihm die für die Ausführung des Auftrages erforderlichen Mittel des / der anderen Unternehmen im erforderlichen Ausmaß auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Üblicherweise sorgt der Auftraggeber schon in seiner Ausschreibungsunterlage dafür, dass Bieter dies – z.B. durch Vorlage einer unterfertigten Verfügbarkeiterklärung oder Beilage eines verbindlichen Angebots des betreffenden Unternehmens – mit dem Angebot nachweisen müssen. Macht er das nicht, ist es ratsam, dass der Bieter dies aus eigener Initiative vornimmt.
Muster Verfügbarkeitserklärung
< Name und Anschrift >
< Name zeichnungsberechtigter Vertreter >
< Kontaktangaben >Betreff: Verfügbarkeitserklärung
Ich erkläre hiermit, dem Bieter < Name und Anschrift > im Rahmen der Ausschreibung < Name > im Fall der Beauftragung für die Laufzeit des Vertrages im angebotenen Ausmaß zur Verfügung zu stehen und dass die zum Nachweis der Eignung angegebenen Mittel und Ressourcen vorhanden sind.
Für den Fall der Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zusätzlich anzugeben:
Ich verpflichte mich, für den Fall der Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters, die solidarische Haftung für jedwede finanzielle Ansprüche des Auftraggebers gegenüber dem Bieter als zukünftigem Auftragnehmer aus dem ggs. Auftrag zu übernehmen und in diesem Zusammenhang auf jegliche Einreden und Einwendungen zu verzichten.
Zum Zeichen meines (unseres) Einverständnisses zeichne(n) ich (wir) rechtsgültig wie folgt:
……………………………… …………………………………………………………………………
< Ort, Datum > < Rechtsgültige Fertigung & Stampiglie >
Eignungsnachweis durch Eigenerklärung
Grundsätzlich sollte die Eignung genau so nachgewiesen werden, wie es der Auftraggeber in seinen Unterlagen festgelegt hat. Bei kleineren Auftragswerten (ab Inkrafttreten des BVergG 2012 für den gesamten Unterschwellenbereich, also nur national bekannt gemachten Vergaben), muss der Bieter seine Eignung grundsätzlich aber nur durch Abgabe einer sogenannten Eigenerklärung nachweisen können. Mit dieser bestätigt das Unternehmen, dass es die geforderten Kriterien erfüllt. Eine rechtskonforme Eigenerklärung muss zumindest wie folgt aussehen:
Eigenerklärung zum Eignungsnachweis
„Ich, … < Name des Unternehmens >, erkläre, die in der Ausschreibung < Name Auftraggeber, Ausschreibung > festgelegten Eignungskriterien zu erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen zu können.
Ich verfüge über folgende Befugnis(se): < Angabe Befugnisse >
Aber Achtung: Die „echten“ Nachweise müssen gegebenenfalls auf Aufforderung des Auftraggebers binnen kürzester Frist nachgereicht werden können. Im Oberschwellenbereich (das sind Vergaben, die EU-weit bekannt gemacht werden müssen), ist der Auftraggeber sogar dazu verpflichtet, wenn Sie als Bestbieter ermittelt werden. Im Ergebnis ist es also ratsam, die Nachweise zumindest „abrufbereit“ zu halten.
Mängel beim Eignungsnachweis
Wenn Ihnen ein Fehler beim Nachweis der Eignung unterlaufen ist, heißt das nicht zwingend, dass Sie nicht mehr an der Ausschreibung teilnehmen können. Das BVergG regelt nicht nur Pflichten für Auftraggeber sondern auch Rechte für Bieter:
- Wenn Sie über die geforderte Eignung verfügen und Ihnen „nur“ einen Nachweisfehler unterlaufen ist, können Sie diesen beheben (siehe auch Kapitel I)
- Der Auftraggeber muss Ihnen vor einem Ausschluss bekannt geben, warum er Sie ausschließen will und …
- … Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. Aufklärung, ggf. auch zur Behebung geben, wenn diese möglich ist
- Können Sie einen verlangten Nachweis aus einem „berechtigten Grund“ nicht beibringen, geben Sie im Angebot oder der Bewerbungsunterlage den Grund an und versuchen Sie, das Vorliegen der Eignung durch einen anderen geeigneten Nachweis zu belegen
Grundsätzlich ist auch zu beachten, dass der Wegfall der Eignung nach den oben angeführten Zeitpunkten, z.B. durch das Ausscheiden eines Subunternehmers, den man zum Nachweis der Befugnis benötigt, zum Ausscheiden des Bieters führt!
Festlegung der Eignung
Vorab ist festzuhalten, dass es Vergabeverfahren gibt, in welchen der Auftraggeber überhaupt keine formelle Eignungsprüfung vornimmt. So in der Regel bei der Beauftragung durch eine Direktvergabe oder in Verfahren ohne Bekanntmachung, weil er z.B. Kenntnis vom Bestehen der Eignung und Leistungsfähigkeit hat. Da gibt es dann natürlich auch keine Festlegungen.
In formal geführten Vergabeverfahren ist die Festlegung von Eignungskriterien und deren Nachweis die Regel. Der Auftraggeber hat dabei zwar einen relativ großen Spielraum. Dies aber nur in gewissen Grenzen:
- Gemeinsam ist allen Kriterien, dass sie zwar einen Bezug zum Auftrag haben dürfen (sonst könnte man z.B. keine auftragsbezogenen Referenzen einfordern), sich aber ansonsten primär auf das Unternehmen und seine Performance beziehen müssen und nicht auf qualitative oder wirtschaftliche Aspekte der Abwicklung der Leistung (z.B. Einforderung und Beurteilung von Listenpreisen). Das wird dann im Rahmen der Angebotsbewertung gemacht.
- Darüber hinaus darf die Eignung nur insoweit eingefordert werden, als dies durch den konkreten Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Das ist natürlich nicht immer leicht festzumachen. Aber eine nicht gerechtfertigte, überzogene Festlegung von Eignungskriterien kann rechtswidrig sein! Bei der Festlegung des nachzuweisenden Jahresumsatzes im Rahmen eines Bauauftrags kann ein Auftraggeber z.B. das 3 – 5fache des Auftragswertes verlangen.
- Außerdem müssen Eignungskriterien als K.O. – Kriterien grundsätzlich messbar definiert sein und konkrete Anforderungen und Grenzen aufweisen (z.B. Mindestumsatzzahl, Anzahl der nachzuweisenden Referenzen usw.). Eine „Referenzliste“ ist kein messbares Kriterium, sondern eben nur eine Liste.
Eine gute erste Übersicht, was Auftraggeber als Eignungsnachweisen einfordern können, bietet das Bundesvergabegesetz selbst. Es führt in den §§70 ff an, welche Kriterien es gibt und wie diese grundsätzlich nachgewiesen werden müssen:
Tabelle II.1: Eignungskategorien
Kategorie Prüfbereich Mögliche Kriterien / Nachweise Anmerkung
Technische Leistungsfähigkeit Technische Mindestanforderungen Referenzen, Ausbildungsnachweise, technische Ausrüstung etc. Zum Teil nach Leistungskategorie (Bau, Lieferung, Dienstleistung) unterschiedlich
Finanzielle & wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Wirtschaftliche Mindestanforderungen Umsatz, Bonitätsauskunft, Berufshaftpflichtversicherung etc.
Befugnis Berechtigung zur Gewerbeausübung In der Regel Auszug aus dem Gewerberegister Beachten Sie insbesondere die Bestimmungen der GewO zur Ausübung von Nebenrechten!
Zuverlässigkeit (Nicht)vorliegen von Ausschlussgründen Kontoauszuges Sozialversicherungsanstalt, letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a Bundesabgabenordnung (BAO) Der Auftraggeber darf keine Ausschlussgründe festlegen, die über die gesetzlich angeführten hinausgehen!
Zeit & Eignung
Das Bundesvergabegesetz bestimmt genau, wann die Eignung im Lauf eines Vergabeverfahrens spätestens vorliegen muss:
Tabelle II.2: Zeitpunkt für das Vorliegen der geforderten Eignung
Direktvergabe Vertragsabschluss
Offenes Verfahren Angebotsöffnung
Nicht offenes Verfahren & Verhandlungsverfahren Aufforderung Angebotsabgabe
ACHTUNG: Änderungen durch BVergG – Novelle 2012:
Werden das nicht offene bzw. der Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gewählt, muss die Eignung ebenfalls erst zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen.
Das alles scheint auf den ersten Blick keine große Rolle zu spielen. Aber eben nur auf den ersten Blick: Die o.a. Tabelle veranschaulicht, wann nach dem BVergG die Eignung spätestens vorliegen muss, nicht wann sie nachzuweisen ist. Das bedeutet:
- Dass man aufpassen muss, dass alle vorgelegte Nachweise mit einem Datum versehen sind, das vor diesem Zeitpunkt liegt.
- Ein Mangel im Eignungsnachweis behebbar ist, sofern die Eignung tatsächlich schon zum geforderten Zeitpunkt bestanden hat.
Nicht gänzlich klar ist, was es für einen Newcomer, der sein Unternehmen im Jahr 2011 gegründet hat, bedeutet, wenn er im Rahmen einer Ausschreibung im Jahr 2012 Referenzen der letzten drei Jahre nachweisen muss. Viele Ausschreibungen sehen ausdrücklich vor, dass Unternehmer Nachweise nur für den Zeitraum seit ihrer Gründung nachweisen müssen. Findet man keine derartige Passage, heißt es aufpassen: Folgt man Teilen der Judikatur und Literatur, hat der Auftraggeber das Recht, solche Bieter auszuscheiden, da sie ja streng genommen die geforderte Eignung nicht erfüllen. In solchen Fällen sollte man rechtzeitig beim Auftraggeber nachfragen, oder einen Kooperationspartner suchen, der diese Voraussetzung ergänzt. (Mehr dazu in Teil 3 dieser Artikelserie, der in ca. 2 Wochen hier erscheint).
Tippkatalog
- Wenn Sie im Vorfeld der Ausschreibung Kontakt mit dem Auftraggeber haben, machen sie ihn als Kleinunternehmer darauf aufmerksam, dass er mit zu hohen Hürden bei den Eignungskriterien den Wettbewerb zu seinem eigenen Nachteil einschränkt und damit regionale und KMU-freundliche Teilnahmen erschwert.
- Prüfen sie im Zweifel die Zulässigkeit eines konkreten Kriteriums anhand des BVergG [siehe o.a. Tabellen] bzw. Auftragsgegenstandes. Ist das Kriterium unternehmensbezogen? Steht es in Relation zur Größe des Auftrags?
- Stellen Sie rechtzeitig eine konkrete Anfrage oder regen Sie ggf. eine Berichtigung des betreffenden Eignungskriteriums an. Nicht jedem Auftraggeber ist bewusst, welche Folgen eine rechtswidrige Festlegung haben kann.
- Beachten Sie, dass Sie insbesondere Kriterien der technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit durch die Beiziehung verfügbarer Partner substituieren können – mehr dazu in Teil III).
Wie die EU Kommission am 21. März 2012 in einer Presseerklärung mitgeteilt hat, möchte sie die „Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte weltweit fördern und einen fairen Zugang europäischer Unternehmen zu diesen Märkten gewährleisten“.
Laut EU Kommission haben öffentliche Aufträge weltweit ein Volumen von etwa 1 Billion Euro pro Jahr und damit enorme Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Während der öffentliche Beschaffungsmarkt der EU weitgehend offen für Unternehmen aus Drittländern sei, sei dies umgekehrt oft nicht der Fall.
Auch wenn es vermutlich ein langer und steiniger Weg bis zur Erreichung einer adäquaten Chancengleichheit ist, ist diese Initiative jedenfalls zu begrüßen, da sie vor allem technologiestarken Unternehmen neue Absatzmärkte eröffnet.
Die Pressemitteilung der EU Kommission finden Sie hier.
Der Auftraggeber fordert bei der Ausschreibung eines kleineren Auftrags EUR 500.000,– durchschnittlichen Jahresumsatz. Ja darf er denn das?! Außerdem gibt es meine Firma erst seit 2 Jahren! Und was ist bitte eine Strafregisterbescheinigung? Und wo kriege ich das zeitgerecht her?
Solche und ähnliche Fragen behandeln wir in der 3-teiligen Reihe „Im Dschungel der Eignungsnachweise“.
„§19 Abs.1 BVergG: Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen“
Dieser programmatisch formulierte Satz zieht eine beachtliche Kette an Regelungen und Anforderungen nach sich, die im Folgenden erklärt werden:
Systematische Einordnung & Funktion
Tabelle 1.1: §§-Verweis: Eignung im BVergG
§§ 68 – 78 BVergG 2006 in der Fassung 2011
Laut Bundesvergabegesetz sind Eignungskriterien die vom Auftraggeber festgelegten, nicht diskriminierenden, auf den Leistungsinhalt abgestimmten Mindestanforderungen an den Bewerber oder Bieter.
Anhand der Eignungskriterien prüft der Auftraggeber, ob ein Bewerber oder Bieter überhaupt die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, die zur Abwicklung des Auftrags erforderlich ist. Das kann er nicht nur, dazu ist er – zumindest ab dem Erreichen bestimmter Schwellenwerte – verpflichtet. Denn das Vergaberecht legt fest, dass grundsätzlich – und das heißt wirklich in den allermeisten Fällen – nur geeignete Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag bedacht werden dürfen. Und das sind Bewerber, die die festgelegten Eignungskriterien zu 100% im Sinne von JA oder NEIN erfüllen.
Tabelle 1.2: Eignungskriterien Leistungsfähigkeit
Eignungsbereich § BVergG Kann AG andere Nachweise verlangen?
Technische Leistungsfähigkeit § 75 BVergG NEIN
Finanzielle Leistungsfähigkeit § 74 BVergG JA
Von den Eignungskriterien abzugrenzen sind die „Zuschlagskriterien“. Dies sind – im Gegensatz zu den Unternehmensbezogenen Eignungskriterien, mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängenden Kriterien, nach welchen das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird, wie zB Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften.
Tabelle 1.3: Rechtshinweis: 3 Grundsätze zur Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien
Das Vergaberecht legt Wert auf eine strenge Trennung von Eignungskriterien und Zuschlagskriterien in einer Ausschreibung. Das bedeutet - egal, um welche Verfahrensart es sich auch handeln mag:
1. Auftraggeber dürfen grundsätzlich keine primär leistungs- bzw. produktbezogenen Eignungskriterien (z.B. zu erwartende Qualität der Leistungsumsetzung) sowie umgekehrt …
2. … keine unternehmensbezogenen Zuschlagskriterien (z.B. Qualifikation des Personals) festlegen
3. und Eignungskriterien nicht nochmals als Zuschlagskriterien einsetzen (z.B. „Berufserfahrung Schlüsselpersonal“ - sog. „Doppelverwertungsverbot“).
In 2-stufigen Verfahren tauchen auch sog. Auswahlkriterien auf. Sie dienen dazu, die besten Unternehmen auf der 1. Stufe des Verfahrens auszuwählen, die dann in der 2. Stufe zur Angebotslegung eingeladen werden. Sie sind zwar unternehmensbezogen, dienen aber einer Bewertung im Sinne von BESSER / SCHLECHTER als. Der Auftraggeber ist hier sehr frei zu bestimmen, wie und anhand welcher Kriterien er die besten Bewerber auswählen will, etwa durch: die Anzahl von Referenzprojekten, die Erfahrung des Schlüsselpersonals der Anteil des branchenspezifischen Umsatzes usw.
In der Ausschreibung
In einstufigen Verfahren (z.B. offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung) finden sich die Anforderungen zur Eignung entweder direkt im Bekanntmachungstext oder in der Ausschreibungsunterlage. Je nach Auftragstypus und Kriterium können diese in immer wieder ähnlicher Form auftauchen und standardisiert sein oder aber – v.a. bei der Vergabe von komplexeren Aufträgen oder geistigen Dienstleistungen – sehr spezifisch ausformuliert sein. Man darf sich auch vom äußeren Anschein einer Regelung nicht täuschen lassen – kompliziert Formuliertes kann einfach nachzuweisen ein, eine kurze Passage dagegen viel Aufwand verursachen.
Die u.a recht komplex formulierte Passage zum Nachweis der Berechtigung zur Leistungsausübung kann in der Regel ganz einfach durch den Nachweis eines aktuellen Gewerberegisterauszugs zu erbringen sein:
Ganz anders können sich dann schon Regelungen und Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit darstellen, wenn es etwa um Referenzen – hier z.B. im Rahmen einer Informationskampagne – geht:
Was in diesem Beispiel mit einer Nennung von Muss-Kriterien für Referenzprojekte beginnt, führt im konkreten Fall über eine Textlänge von mehr als 2 A4 Seiten(!). Hier gilt es, die Anforderungen genau zu lesen und umzusetzen.
Manchmal können sich auch recht ungewöhnliche Anforderungen in Eignungskriterien verstecken, so z.B. die Anforderung einer Strafregisterauszugs, oder Fotografien der zu liefernden Erzeugnisse. Aus dem privatwirtschaftlichen Bereich bekannter sind da schon Qualitätssicherungsnormen und Normen für Umweltmanagement oder Qualitätsbescheinigungen für Produkte.