Fehler in der Praxis auf Auftragnehmerseite: unbehebbare Mängel

On 9. Mai 2012, in Angebot erstellen, Vergaberecht, by Dr. Michael Breitenfeld / Mag. Robert Ertl

Im Folgenden lesen Sie Beispiele für Fehler des Bieters, die zum Ausscheiden seines Angebotes führen:

 

1. BVA 25.8.2004, 07N-75/04-22

 

Ist der Auftraggeber verpflichtet, die Eignung eines konkreten Subunternehmers im Hinblick auf einen konkreten Leistungsteil zu überprüfen, so muss der Subunternehmer spätestens zum Zeitpunkt Angebotseröffnung bereits namentlich feststehen.

 

2. BVA 11.4.2003, 12N-23/03-13

 

Da die Antragstellerin die Subunternehmerin Ö*** nicht angegeben hat, handelt es sich beim Angebot Antragstellerin um ein unvollständiges im Sinne des § 98 Z 8 BVergG. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein solcher Mangel auch als unbehebbar zu qualifizieren, da der Auftraggeber die Eignung eines konkreten Subunternehmers spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung überprüfen muss (vgl. VwGH 29.5.2002, Zl. 2002/04/0023). Auch nach der Rechtsprechung der Vergabekontrollorgane ist ein solcher Mangel nicht verbesserungsfähig, da er den Inhalt des Angebotes selbst betrifft.

 

3. BVA 14.11.2003, 14N-104/03-10

 

In den Ausschreibungsunterlagen ist keine Regelung enthalten, die das Legen eines Alternativangebotes unabhängig von einem ausschreibungsgemäßen Angebot gestatten würde (vgl. auch § 69 Abs. 1 2. Satz BVergG 2002). Die von der Antragstellerin im Begleitschreiben zum Angebot abgegebenen, von den in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen rechtlichen Vertragsbedingungen abweichenden Erklärungen hätten daher nur als Alternativangebot neben einem ausschreibungsgemäßen, somit neben einem nicht von den in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen rechtlichen Vertragsbedingungen abweichenden Angebot, getroffen werden können. Ein solches ausschreibungskonformes Angebot liegt jedoch nicht vor. Durch die im Begleitschreiben enthaltenen Formulierungen hat die Antragstellerin vielmehr die rechtlichen Vertragsbedingungen der Ausschreibung nicht akzeptiert und damit ein ausschreibungswidriges Angebot iSd § 98 Z 8 BVergG 2002 abgegeben (vgl hiezu etwa bereits BVA vom 21.11.1997, N-33/97-7 und weiters die Entscheidung des BVA vom 21.11.1997, N-26/97-6 zu einem den Zahlungsbedingungen widersprechenden und damit ebenfalls als ausschreibungswidrig qualifizierten Angebot).

Der vorliegende Angebotsmangel stellt nach der von Aicher entwickelten und auch vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Grundregel, wonach nur solche Mängel verbesserungsfähig sind, die nicht nach Angebotsöffnung zu einer Veränderung – im Sinne einer Verbesserung – der Wettbewerbsstellung des Mängel behebenden Bieters führen, einen unbehebbaren Mangel dar (vgl. Aicher, Wettbewerbsrechtliche und wettbewerbspolitische Überlegungen zur Regierungsvorlage eines Vergabegesetzes in Korinek/Rill, zur Reform des Vergaberechts (1985) 111).

Durch eine nachträgliche Abänderung des Angebotes eines Bieters durch Rücknahme von im Begleitschreiben zu einem Angebot abgegebenen, im Widerspruch zu den Ausschreibungsbestimmungen stehenden Erklärungen, würde die Ausschreibungswidrigkeit des Angebotes beseitigt werden.

Darin läge eine wettbewerbs- und gleichbehandlungswidrige dem Verhandlungsverbot widersprechende nachträgliche Änderung im Sinne einer Verbesserung des Mängel behebenden Bieters. Ein objektiv den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot kann im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter keinesfalls durch nachträgliche Aufklärungen und Abänderungen, in denen ja keine Klarstellung, sondern im Hinblick auf den eindeutigen Gehalt der ursprünglichen Erklärung lediglich eine Abänderung möglich wäre, „verbessert“ werden (vgl. BVA 29.6.1999, N-25/99-16, N-28/99-4, BVA 19.1.1998, N-1/98, BVA 8.1.2002, N-107/01-23).

Vorsicht! Widersprüchliche Rechtsprechung:

VwGH 19.11.2008, 2004/04/0102

Unabhängig von der Bestandskraft ist darauf hinzuweisen, dass dann, wenn der Anbieter ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen möchte, er dies klar zum Ausdruck bringen muss (vgl. in diesem Zusammenhang § 83 Abs 2 BVergG 2002). [L]egt [der Bieter] irrtümlich […] seine Bedingungen dem Angebot bei, so kann nicht daraus geschlossen werden, dass er damit ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen wollte.

Aber:

BVA 22.3.2012, N/0021-BVA/13/2012-18

Das Vorbringen der Antragstellerin, es sei nur irrtümlich das falsche Briefpapier verwendet worden ist eine unglaubwürdige Schutzbehauptung, da ein Briefpapier mit denselben allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite bei allen og. drei Schreiben und auch dem Deckblatt zum Angebot verwendet worden ist und ein so oftmaliger Irrtum nicht glaubwürdig erscheint, sondern dies vielmehr darauf schließen lässt, dass die Antragstellerin grundsätzlich nur zu ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrahieren will.

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, […] dass dem Angebot der Antragstellerin die auf der Rückseite der genannten Schreiben abgedruckten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin zu Grunde zu legen sind.

Jede andere Entscheidung würde es einem Bieter ermöglichen, je nachdem ob er einen Irrtum betreffend die AGB behauptet oder nicht nach Belieben mit Verweis auf die sich widersprechenden Vertragsbedingungen die Bindung an sein Angebot bzw den Vertrag selbst zu steuern, was insbesondere unter dem Aspekt der erforderlichen Rechtssicherheit für den Auftraggeber abzulehnen ist.

 

4. BVA 2.7.1997, N-4/97-17

 

Nicht unterfertigte Angebote sind gemäß Pkt 4.5.8 der ÖNORM A 2050 auszuscheiden. Im Geltungsbereich des BVergG ist ein derartiges Angebot gemäß der entsprechenden Bestimmung des § 39 Abs 1 Z 8 BVergG auszuscheiden, da es sich um ein unvollständiges Angebot handelt, dessen Mangel nicht behebbar ist.

Für ein Variantenangebot gelten sämtliche das Angebot betreffende Bestimmungen des BVergG ein nicht unterfertigtes Variantenangebot ist daher zwingend auszuscheiden.

 

5. BVA 5.7.2000, N-36/00-8

 

Ist der Eintritt der Voraussetzungen angebotener Preisminderungen für den Auftraggeber zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung ungewiss, handelt es sich bei diesen Abminderungen um einen bedingten Preisnachlass. Durch einen solchen wird für den Auftraggeber nicht erkennbar, zu welchem Preis der Bieter die ausgeschriebene Leistung tatsächlich angeboten hat. Eine solche Unklarheit kann auch nicht im Rahmen eines Aufklärungsgespräches beseitigt werden, da auf diese Weise dem Bieter Gelegenheit zur nachträglichen Änderung des Angebotspreises geboten würde (vgl. § 51 Abs. 1 BVergG). Ein derartiges Angebot weist keinen bestimmten Preis auf und ist gem § 52 Abs 1 Z 8 BVergG auszuscheiden.

 

6. BVA 3.2.2012, N/0004-BVA/10/2012-38

 

Vorerst ist dazu festzuhalten, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts die Vergabe nur an befugte Bieter erfolgen darf. Die zur Durchführung des Auftrags erforderliche Befugnis ist anhand des Auftragsgegenstandes zu prüfen. Das Fehlen der Befugnis zum relevanten Zeitpunkt stellt einen unbehebbaren Mangel dar, der zum Ausscheiden des Angebotes führt (vgl VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087).

 

Frühzeitige Inanspruchnahme von rechtlicher Beratung:
Als zweckmäßig hat sich erwiesen, bei allfälligen Fragen zu vergaberechtlichen Problemen frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Fehler in der Praxis auf Auftragnehmerseite: behebbare Mängel

On 2. Mai 2012, in Angebot erstellen, Vergaberecht, by Dr. Michael Breitenfeld / Mag. Robert Ertl

Durch die Komplexität und Vielschichtigkeit der Vergaberechtsbestimmungen können sehr leicht Fehler entstehen. Für einen Bieter kann ein Fehler im Angebot zu einem Ausscheiden desselben und sohin zu einem Verlust eines erhofften bzw. manchmal sogar dringend benötigten Auftrages führen.

Festzuhalten ist, dass die Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und insbesondere immer die aktuelle Rechtssprechung beachtet werden muss, da sich die hier zitierte Judikatur ändert.

 

Behebbare vs. unbehebbare Mängel

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186-9 – unter Bezugnahme auf Aicher (in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechtes (1985), 363 f und 411 f) – sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087) präzisierte diese Rechtsprechung dahingehend, dass ein Mangel, welcher eine inhaltliche Änderung des Angebotes hinsichtlich eines Bereiches, der für die Bewertung der Angebote relevant ist, unbehebbar wäre.

Ein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behebbarer Mangel stellt daher keine (materielle) nachträgliche Änderung des Angebotes dar, vielmehr bleibt dieses materiell (seinem Inhalt nach) unverändert. Was unter behebbaren oder unbehebbaren Mangel zu verstehen ist, orientiert sich daran, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen könnte. Entscheidend ist somit, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinem Mitbewerber materiell verbessern würde. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in dem Angebot sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszuscheiden (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0050).

Festzuhalten ist, dass es nicht im Ermessen des Auftraggebers liegt, einen unbehebbaren Mangel als behebbar zu behandeln und dem Bieter Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.

Ebenso wenig steht es in der Disposition des Auftraggebers, durch Regelungen in den Ausschreibungsbedingungen, bestimmte Mängel in Angeboten gleichsam als unbehebbar zu qualifizieren. Fehlerhafte oder unvollständige Angebote sind nämlich nur dann auszuscheiden, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind. Es ist somit ein objektiver Maßstab bei der Prüfung des Vorliegens eines behebbaren bzw unbehebbaren Mangels anzulegen (BVA 25.8.2004, 16N-64/04-39).

 

Beispiele für Fehler des Bieters, die verbessert werden können:

 

1. BVA 30.6.2003, 14N-53/03-12

Der Verwaltungsgerichtshof spricht davon, dass sogar das Fehlen einer in den Ausschreibungsbedingungen geforderten firmenmäßigen Unterfertigung eines Angebotes einen verbesserungsfähigen Mangel bedeutet, sofern nur ein rechtsverbindliches Angebot vorliegt (vgl. VwGH 26.2.2003, 2001/04/0037). Dies muss auch für das Fehlen der gebotenen Unterfertigung des einem über Datenträgeraustausch einschließlich Kurz-LV eingereichten Angebot beizulegenden Lang-LV gelten.

2. BVA 17.9.1997, F-7/97-17

Das Fehlen eines Gesamtpreises ist ein verbesserbarer Mangel.

3. B-VKK 3.4.1997, S-19/97-12 / BVA 26.5.1997, N-7/97-12

Die Nichtabgabe in der Ausschreibung verlangter Kalkulationsblätter und eine nicht konkrete Spezifikation der zu verwendenden Produkte sind zwar als behebbare Mängel anzusehen.

4. BVA 20.3.2003, 12N-10/03-11

Die Nichtabgabe von Kalkulationsblättern ist als behebbarer Mangel zu qualifizieren, der grundsätzlich auch nicht vom Auftraggeber durch Festlegung in den Ausschreibungsbedingungen zu einem unbehebbaren Mangel umgedeutet werden kann.

5. BVA 1.10.1999, N-39/99-18

Ist die Qualität der angebotenen Erzeugnisse kein Zuschlagskriterium bzw ist sie, soweit für den Auftraggeber relevant, bereits durch die Spezifikation in der Ausschreibung festgelegt, hat die Angabe des Erzeugnisses, mit dem der Bieter den festgesetzten Ausschreibungsstandard erfüllen will, keinen Einfluss auf den Wert des Angebotes für den Auftraggeber und daher auch keinen Einfluss auf die Stellung des Bieters im Wettbewerb.

In diesem Fall ist daher das ursprüngliche Nichtausfüllen der Bieterlücke im Hinblick auf die Angabe des Erzeugnisses als behebbarer Mangel anzusehen. Bei der Aufforderung zur nachträglichen Mängelbehebung hat der Auftraggeber den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter einzuhalten, weshalb der Auftraggeber sämtliche für die Zuschlagserteilung in Betracht kommende Bieter bei der Mängelbehebung zum selben Zeitpunkt unter Setzung der gleichen Frist zur Mängelbehebung aufzufordern hat.

6. VwGH 24.2.2006, 2004/04/0078

Beim Fehlen des Nachweises einer im maßgeblichen Zeitpunkt bereits vorhandenen Befugnis handelt es sich um einen behebbaren Mangel.

7. VwGH 27.6.2007, 2005/04/0111

Das für die Bfin bereits verbindliche Angebot (das zulässigerweise gemäß § 94 Abs. 4 BVergG 2002 vom Auftraggeber berichtigt werden durfte) wäre durch die Nachreichung eines den Ausschreibungsbestimmungen entsprechenden Datenträgers nicht geändert worden, weswegen die Nachreichung für sich genommen zu keiner materiellen Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Bfin geführt hätte (Hinweis E 29. Juni 2005, 2005/04/0024).

Beispiele für Fehler des Bieters, die zum Ausscheiden des Angebots führen, lesen Sie hier in Kürze.