Sie finden eine spannende Ausschreibung, Auftragsvolumen (oder Eignungskriterien) übersteigen jedoch Ihre Kapazitäten. Was nun?

So nutzen Sie Bekanntmachungen zu Ausschreibungen, um öffentliche Auftraggeber als Kunden zu gewinnen:

 

Bilden Sie Bietergemeinschaften

 

Eine Bietergemeinschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmer, die ein gemeinsames Angebot in einem Vergabeverfahren einreichen. Nicht nur wenn in einer Ausschreibung unterschiedliche Leistungen abgefragt werden und Ihr Unternehmen nur Teile davon bedienen kann, kann eine Bietergemeinschaft sinnvoll sein. Auch wenn Sie die Eignungskriterien – z.B. hinsichtlich Umsatz oder Referenzen – nicht erfüllen, können die fehlenden Teile durch andere Unternehmen im Rahmen einer Bietergemeinschaft erbracht werden.

Beachten Sie jedoch die etwaige Vorlaufzeit für das Eingehen einer solchen Gemeinschaft. Bereiten Sie daher Musterverträge für die Bietergemeinschaft vor und führen Sie Sondierungsgespräche mit möglichen Kooperationspartnern schon bevor Sie eine konkrete Ausschreibung im Auge haben. Spätestens wenn Sie eine interessante Vorinformation lesen, sollten Sie agieren.

 

Werden Sie Subunternehmer

 

Bekanntmachungen über einen vergebenen Auftrag sind nicht nur zur Beobachtung Ihrer Mitbewerber interessant, sondern können auch als Vertriebstool hilfreich sein. Kontaktieren Sie den Gewinner der Ausschreibung und bieten Sie sich als Subunternehmer an. Vor allem wenn Ihr Unternehmen Kostenvorteile oder eine besondere Expertise in einem Teil des Auftragsgegenstands besitzt, kann es für den Gewinner der Ausschreibung interessant sein, mit Ihnen zu kooperieren.

Achtung: Der Auftraggeber muss in den Ausschreibungsunterlagen angeben, ob nur Subunternehmen vom Bieter bekannt zu geben sind, die wesentliche Auftragsteile erbringen, oder alle. So kann es daher für eine konkrete Ausschreibung zu spät sein, wenn Sie sich erst nach der Auftragsvergabe mit dem Bieter in Verbindung setzen. Können Sie aber Ihre Leistungsfähigkeit gegenüber dem Bieter darlegen, wird er ggf. in der nächsten Ausschreibung auf Sie setzen.

Positionieren Sie sich für Direktvergaben

 

Öffentliche Aufträge mit niedrigen Auftragswerten werden in der Regel „direkt vergeben“. Hierzu fordert der Auftraggeber mehrere Unternehmen auf, ein Angebot zu legen. Um eines dieser aufgeforderten Unternehmen zu sein, gehen Sie am besten folgendermaßen vor:

  • Überlegen Sie, welche Auftraggeber Ihre Leistungen bzw. Produkte am ehesten benötigen.
  • Suchen Sie Ausschreibungen solcher Auftraggeber. Häufig sind diese direkt auf der Website des Auftraggebers verfügbar, ansonsten können Sie in den offiziellen Publikationsmedien oder bei Informationsdienstleistern wie www.infodienst-ausschreibungen.at suchen. Details zur Suche nach Ausschreibungen finden Sie auch in unserem Artikel „Wie komme ich an öffentliche Ausschreibungen?“.
  • In der Ausschreibung finden Sie den Ansprechpartner für Ausschreibungen in der jeweiligen Vergabestelle. Häufig gibt es unterschiedliche Personen für die verschiedenen zu beschaffenden Leistungen, weshalb es sich empfiehlt, nach Ausschreibungen im gewünschten Produkt- bzw. Leistungsbereich zu recherchieren.
  • Kontaktieren Sie die jeweiligen Ansprechpartner bzw. wenden Sie Ihre erprobte Sales-Strategie aus dem Business-to-Business-Bereich an. Öffentliche Einkäufer „ticken“ zwar häufig etwas anders und unterliegen anderen Rahmenbedingungen, haben aber in der Regel das gleiche Ziel wie Einkäufer privater Unternehmen: gute bzw. für Ihre Bedürfnisse passende Produkte und Leistungen (zu einem möglichst günstigen Preis) zu erwerben. Zeigen Sie, warum gerade Ihr Unternehmen für einen zukünftigen Auftrag infrage kommen soll – und Sie haben beste Chancen, bei Direktvergaben eingeladen zu werden.

Tipp: befindet sich der Ansprechpartner in einem aktuellen Vergabeverfahren, ist er für Ihr Anliegen möglicherweise gerade nicht sehr offen. Probieren Sie’s lieber etwas später wieder. Idealerweise legen Sie sich daher zuerst eine möglichst umfassende Liste bzw. Datenbank an Kontakten an und arbeiten diese etwas später ab. Wenn Sie Zugriff auf bereits abgelaufene Ausschreibungen haben, können Sie natürlich sofort loslegen.

Warten Sie ab

 

Ab 2013 wird es wieder einfacher, an Ausschreibungen teilzunehmen. Denn mit Jahresende läuft die Schwellenwerteverordnung ab, die Direktvergaben bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000 und das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung (im Falle von Bauaufträgen) bis zu einem Wert von unter EUR 1.000.000 ermöglicht.

Ab 1.1.2013 gilt:

Direktvergaben sind nur noch bei einem geschätzten Auftragswert in Höhe von unter EUR 50.000 möglich. (Weitere Informationen zu den Schwellenwerten finden Sie auch in unserem Artikel Änderungen im Bundesvergabegesetz (BVergG).

 

Kurzumfrage zu Kooperationen bei öffentlichen Aufträgen:

 

Leiden auch Sie unter hohen Auftragswerten? Wie gehen Sie damit um? Haben Sie Interesse an einer Kooperationsbörse?
Bitte geben Sie uns Ihr Feedback mittels folgender Umfrage. Herzlichen Dank!

 

Mit 1. April 2012 wird die Novelle des Bundesvergabegesetzes (BVergG) 2006 sowie das neue das Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (BVergGVS 2012) in Kraft treten.

Hier lesen Sie die wichtigsten Änderungen der Novelle aus Bieter-Sicht:

 

Erleichterungen bei Eignungsnachweisen

 

Eigenerklärungen seitens der Bieter, die erforderlichen Eignungskriterien zu erfüllen, sind bereits seit der letzten Novelle zulässig. Neu ist, dass Auftraggeber Eigenerklärungen nunmehr im gesamten Unterschwellenbereich akzeptieren müssen und Eignungsnachweise nur mehr dann verlangt können, wenn dem Auftraggeber dies erforderlich erscheint. Im Oberschwellenbereich muss der Auftraggeber die Vorlage der Nachweise weiterhin jedenfalls vom Zuschlagsempfänger einholen.
Somit kommt es zwar zu einer administrativen Erleichterung; dennoch sollten Bieter die nötigen Unterlagen parat halten, um diese im Bedarfsfall rasch nachreichen zu können.

 

Neue Schwellenwerte

 

Direktvergaben sind nun bei einem geschätzten Auftragswert in Höhe von unter EUR 50.000 (früher EUR 40.000) zulässig, bei Sektorenauftraggebern bis zu einem Wert von unter EUR 75.000 (früher EUR 60.000). Im Baubereich können nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung nun bis zu einem geschätzten Auftragswert von unter EUR 300.000 herangezogen werden (zuvor EUR 120.000).

Da jedoch bis Ende 2012 noch die Schwellenwerteverordnung gilt, wonach Direktvergaben bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000 und das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung (im Falle von Bauaufträgen) bis zu einem Wert von unter EUR 1.000.000 zur Anwendung kommen können, haben die neuen Wertgrenzen erst ab 2013 praktische Relevanz.

 

Neues Vergabeverfahren „Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung“

 

Dieses neue Verfahren (das im Sektorenbereich „Direktvergabe nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb“ heißt), kann bei einem geschätzten Auftragswert von unter EUR 130.000 bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (im Sektorenbereich unter EUR 200.000) bzw. bei einem Wert von unter EUR 500.000 bei Bauaufträgen eingesetzt werden. Wie der Name verrät, muss der Auftraggeber öffentlich bekannt machen, dass er die Vergabe eines Auftrages beabsichtigt bzw. darauf hinweisen, wo nähere Informationen über die zu vergebende Leistung sowie über den weiteren Verfahrensablauf verfügbar sind. In der Ausgestaltung des Verfahrens ist der Auftraggeber hingegen relativ frei, wobei für die Auswahl des Lieferanten objektive, nicht diskriminierende und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien festgelegt werden müssen.

 

Direktvergabe

 

Die gewohnte Direktvergabe (die bei einem geschätzten Auftragswert von unter EUR 50.000 zulässig ist – siehe oben angeführte Rubrik „Neue Schwellenwerte“) wurde geändert: Nunmehr können Auftraggeber neben sogenannten „unverbindlichen Preisauskünften“ ab Inkrafttreten der Novelle auch Angebote einholen. Hier heißt es aufpassen: Legt ein Unternehmen ein Angebot, ist es daran gebunden, während eine unverbindliche Preisauskunft weiterhin nur eine Auskunft und kein Angebot darstellt!

 

Verbesserungen für Bieter gibt es im Bereich der Schadenersatzansprüche. Nähere Informationen dazu werden wir in den nächsten Monaten in einer eigenen Serie „Rechtsschutz“ veröffentlichen.

Die Novelle sowie das Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich können Sie hier downloaden.

Eine kompakte Übersicht über die Schwellenwerte 2012 (unter Berücksichtigung der Novelle sowie der Schwellenwerteverordnung), die von Mag. Florian Schönthal-Guttmann  & DI Robert Hörmann Unternehmensberatung  bereitgestellt wurde, finden Sie hier.