Nachprüfungsfristen bei Ausschreibungen

On 2. November 2012, in Vergaberecht, by Dr. Michael Breitenfeld / Mag. Robert Ertl

In diesem Artikel finden Sie die wichtigsten Nachprüfungsfristen für die unterschiedlichen Vergabeverfahren. Sie können die Checkliste auch bequem als pdf-Datei downloaden bzw. ausdrucken: Checkliste Nachprüfungsfristen

 

Gesondert anfechtbare Entscheidungen

 

Das BVergG 2006 differenziert zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen. Entscheidungen die in § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 nicht ausdrücklich genannt sind, können nur gemeinsam mit der zeitlich nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung bekämpft werden. § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 lautet wie folgt:

„Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:

aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

bb) im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

cc) im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden ei-nes Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

ee) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

ff) im offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;

gg) im nicht offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;

hh) im geladenen Wettbewerb: die Wettbewerbsunterlagen; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;

ii) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; bei einer Rahmenvereinbarung, die mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

jj) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 192 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) bis ee) oder nn) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; Entscheidung, mit welchem Unter-nehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

kk) bei dynamischen Beschaffungssystemen: hinsichtlich des zum Abschluss des dynamischen Beschaffungssystems führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die gesonderte Aufforderung zur Angebotsabgabe; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

ll) beim wettbewerblichen Dialog: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Teilnahme; die Nichtberücksichtigung einer Lösung in der Dialogphase; den Abschluss der Dialogphase; die Aufforderung zur Angebotsabgabe, das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

mm) im Prüfsystem: die Ausschreibung; die Ablehnung des Antrages auf Aufnahme in das Prüfsystem; die Mitteilung über die beabsichtigte Aberkennung der Qualifikation;

nn) bei der Direktvergabe: die Wahl des Vergabeverfahrens;

oo) bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Wahl des Vergabeverfahrens; die Bekanntmachung.“

Präklusionsfristen

 

Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages macht das BVergG 2006 weiters von der Einhaltung bestimmter Fristen, den sogenannten Präklusionsfristen, abhängig. In § 321 BVergG 2006 ist geregelt, welche (gesondert anfechtbaren) Entscheidungen innerhalb welcher Fristen bekämpft werden müssen.

Die Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion, die betreffende gesondert anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen) können in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden.

 

Fristentabelle

 

Tabelle 1: Nachprüfungsfristen
Offenes VerfahrenVerhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung
Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages---10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
Nicht-Zulassung zur Teilnahme---10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
Aufforderung zur Angebotsabgabe / Ausschreibungsbestimmungen7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
Ausscheiden10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
Widerrufesentscheidung10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax
Zuschlagsentscheidung10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax

 

Tipp

 

Da die Nachprüfungsfristen äußerst kurz bemessen sind und Nachprüfungsanträge aufgrund des Formalismus der Verfahren zeitaufwendig sind, ist eine möglichst umgehende Einbindung der Rechtsabteilung bzw eines Rechtsbeistandes zu empfehlen.

[Anmerkung: die Kontaktdaten der Autoren finden Sie auf der Seite „Über uns„]

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Checkliste Angebotserstellung

On 31. Januar 2012, in Angebot erstellen, Vergaberecht, by Dr. Michael Breitenfeld / Mag. Robert Ertl

1. Allgemeines

 

1.1 Vergabeverfahren sind formalistisch. Nachträgliche Änderungen von Angeboten (mit Ausnahme im Verhandlungsverfahren) sind nicht zulässig; geforderte Unterlagen können ebenfalls nur in eingeschränktem Maß nachgereicht werden, sollten diese im Angebot fehlen.

1.2 In der Praxis führen oft geringfügige Fehler bei der Angebotserstellung zum Ausscheiden eines Angebotes. Vor diesem Hintergrund ist es wesentlich, Angebote im Vergabeverfahren besonders sorgfältig zu erstellen und insbesondere bei Unklarheiten in den Ausschreibungsunterlagen von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, an den Auftraggeber Fragen zu stellen.

 

2. Was ist bei der Erstellung von Angeboten zu beachten

 

2.1 Genaue Durchsicht der Ausschreibungsunterlagen

 

Die Ausschreibungsunterlagen sollten möglichst frühzeitig durchgesehen werden und insbesondere folgende Punkte geprüft werden:

Auftragsart / Verfahrensart

  • Liegt ein Auftrag im OSW oder USW vor?
  • Verfahrensart
  • Welches Verfahren wurde gewählt? Erfolgte eine Bekanntmachung, wenn ja, wo und wann ist die Bekanntmachung erfolgt?

Fristen

  • Teilnahmefrist (im nicht offenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren)
  • Angebotsfrist
  • Angebotsöffnung (gibt es nicht im Verhandlungsverfahren!): Hinweis: Es sollte an der Angebotsöffnung ein Vertreter teilnehmen, um einerseits allfällige Verlesungsfehler aufzeigen und verhindern zu können und andererseits um zu sehen, wie die Konkurrenz liegt)
  • Fristen für den Eingang von Fragen an den Auftraggeber

Nachweise zur Eignungsprüfung / zur Bewerberauswahl

  • Welche Unterlagen müssen vorgelegt werden? Wie alt dürfen diese Unterlagen sein? Sind die im Unternehmen vorliegenden Unterlagen und Nachweise dazu noch aktuell?
  • Sind die geforderten Nachweise diskriminierend festgelegt (kommt oft bei Referenzen vor)?

Zuschlagskriterien

  • Sind diese klar und eindeutig festgelegt?
  • Sind die Zuschlagskriterien gewichtet?
  • Ist nachvollziehbar, was zu einer besseren und was zu einer schlechteren Bewertung führt?

Subunternehmer

  • Beabsichtigen Sie Subunternehmer einzusetzen? Wenn ja: Welche Regelungen hat der Auftraggeber dazu getroffen? Gibt es Einschränkungen? Wenn ja, sind diese zulässig?
  • Welche Nachweise sind für die Subunternehmer zu erbringen?

Bietergemeinschaft

  • Beabsichtigen Sie als Bietergemeinschaft anzubieten? Welche Regelungen hat der Auftraggeber getroffen? Gibt es Einschränkungen? Wenn ja, sind diese zulässig?
  • Welche Nachweise sind von den Mitgliedern der Bietergemeinschaft zu erbringen?
  • Ist ein federführender Partner anzugeben?

Angebotsunterfertigung

  • Welche Anforderungen werden an die Angebotsunterfertigung gestellt? Müssen Vollmachten vorgelegt werden für den Fall, dass nicht firmenbuchmäßig gefertigt wird?

Leistungsverzeichnis

  • Ist das LV vollständig?
  • Gibt es diskriminierende Anforderungen?
  • Gibt es Widersprüche?

Vertragsbestimmungen

  • Sind die Vertragsbestimmungen vollständig?
  • Gibt es Widersprüche?
  • Gibt es irgendwo unkalkulierbare Risken?

Alternativangebote

  • Sind Alternativangebote zulässig?
  • Wenn ja: Welche Mindestanforderungen müssen von den Alternativangeboten erfüllt werden, welche Nachweise für die Gleichwertigkeit erbracht werden?

 

2.2 Fragen an den Auftraggeber

 

Bieter haben die Möglichkeit, an den Auftraggeber Fragen zu den Ausschreibungsunterlagen zu stellen. Grundsätzlich hat der Auftraggeber diese auch unverzüglich, längstens jedoch 6 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, bei nicht offenen Verfahren oder beschleunigten Verhandlungsverfahren bis längstens 4 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, zu beantworten.

Festzuhalten ist, dass sehr oft in Ausschreibungsunterlagen Regelungen enthalten sind, bis zu welchem Termin allfällige Fragen beim Auftraggeber spätestens einlangen müssen, um noch beantwortet zu werden.

WICHTIG: Der Auftraggeber ist dazu verpflichtet, alle Bieter gleich zu behandeln. Erteilt er daher auf gestellte Fragen Antworten, so sind diese allen Bietern in gleicher Weise zur Verfügung zu stellen (ohne dass ein Rückschluss auf den die Fragen stellenden Bieter möglich ist).

 

2.3 Vergaberechtswidrige Ausschreibungsbestimmungen

 

Enthalten Ausschreibungsunterlagen (vergabe-)rechtswidrige Bestimmungen und nimmt der Auftraggeber keine Berichtigung vor, so kann ein Bieter die Ausschreibungsunterlagen mittels Nachprüfungsantrag bekämpfen. Dies ist allerdings nicht zeitlich unbegrenzt möglich. Für den „Bundesbereich“ sieht das BVergG dazu eine so genannte Präklusionsfrist vor, die in § 321 Abs 4 BVergG geregelt ist.

Grundsätzlich gilt, dass Ausschreibungsunterlagen bis 7 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist bekämpft werden können, wenn die Angebotsfrist mehr als 17 Tage beträgt. Wurden die Ausschreibungsunterlagen auf brieflichem Weg übermittelt, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist mehr als 22 Tage beträgt.

WICHTIG: Sind die Ausschreibungsunterlagen nicht bekämpft worden, so sind diese verbindlich. Sowohl Auftraggeber als auch Bieter haben diese einzuhalten und zwar (grundsätzlich) auch dann, wenn diese an sich rechtswidrig sind.

 

2.4 Angebote haben den Ausschreibungsbestimmungen zu entsprechen

 

Die Angebote müssen vollständig sein und dürfen den Ausschreibungsunterlagen nicht widersprechen.

Beachten: Abweichungen von Ausschreibungsunterlagen sind nur im Rahmen von Alternativangeboten zulässig. Sehr häufig werden jedoch rechtliche und wirtschaftliche Alternativangebote ausgeschlossen. Damit ist nur eine Abweichung in technischer Hinsicht und nur im Rahmen der Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen möglich (beachten: Mindestanforderungen und Nachweis der Gleichwertigkeit der Leistung!). Geringfügige technische Abweichungen sind im Rahmen so genannter Abänderungsangebote zulässig, sofern diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind (beachten: hier kann der Auftraggeber auch bei Zulässigkeit der Abänderungsangebote Einschränkungen etwa auf gewisse Positionen treffen).

 

2.5 Einhalten der Angebotsfrist

 

Angebote sind innerhalb der Angebotsfrist bei der in der Bekanntmachung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen angegebenen Stelle in einem verschlossenen Kuvert einzureichen.

WICHTIG: Verspätet eingereichte Angebote werden nicht weiter berücksichtigt!

 

Download der Checklist-Angebotserstellung