In diesem Artikel finden Sie die wichtigsten Nachprüfungsfristen für die unterschiedlichen Vergabeverfahren. Sie können die Checkliste auch bequem als pdf-Datei downloaden bzw. ausdrucken: Checkliste Nachprüfungsfristen
Gesondert anfechtbare Entscheidungen
Das BVergG 2006 differenziert zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen. Entscheidungen die in § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 nicht ausdrücklich genannt sind, können nur gemeinsam mit der zeitlich nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung bekämpft werden. § 2 Z 16 lit a BVergG 2006 lautet wie folgt:
„Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:
aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
bb) im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
cc) im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden ei-nes Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ee) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ff) im offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
gg) im nicht offenen Wettbewerb: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
hh) im geladenen Wettbewerb: die Wettbewerbsunterlagen; die Widerrufsentscheidung; die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen oder die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren;
ii) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; bei einer Rahmenvereinbarung, die mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
jj) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 192 Abs. 7: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) bis ee) oder nn) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; Entscheidung, mit welchem Unter-nehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
kk) bei dynamischen Beschaffungssystemen: hinsichtlich des zum Abschluss des dynamischen Beschaffungssystems führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die gesonderte Aufforderung zur Angebotsabgabe; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
ll) beim wettbewerblichen Dialog: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Teilnahme; die Nichtberücksichtigung einer Lösung in der Dialogphase; den Abschluss der Dialogphase; die Aufforderung zur Angebotsabgabe, das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
mm) im Prüfsystem: die Ausschreibung; die Ablehnung des Antrages auf Aufnahme in das Prüfsystem; die Mitteilung über die beabsichtigte Aberkennung der Qualifikation;
nn) bei der Direktvergabe: die Wahl des Vergabeverfahrens;
oo) bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Wahl des Vergabeverfahrens; die Bekanntmachung.“
Präklusionsfristen
Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages macht das BVergG 2006 weiters von der Einhaltung bestimmter Fristen, den sogenannten Präklusionsfristen, abhängig. In § 321 BVergG 2006 ist geregelt, welche (gesondert anfechtbaren) Entscheidungen innerhalb welcher Fristen bekämpft werden müssen.
Die Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion, die betreffende gesondert anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen) können in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden.
Fristentabelle
Tabelle 1: Nachprüfungsfristen | ||
---|---|---|
Offenes Verfahren | Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung | |
Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages | --- | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Nicht-Zulassung zur Teilnahme | --- | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Aufforderung zur Angebotsabgabe / Ausschreibungsbestimmungen | 7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt, sonst 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Ausscheiden | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Widerrufesentscheidung | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Zuschlagsentscheidung | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax | 10 Tage (bzw. 7 Tage im Unterschwellenbereich) ab Absendung bei Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax |
Tipp
Da die Nachprüfungsfristen äußerst kurz bemessen sind und Nachprüfungsanträge aufgrund des Formalismus der Verfahren zeitaufwendig sind, ist eine möglichst umgehende Einbindung der Rechtsabteilung bzw eines Rechtsbeistandes zu empfehlen.
[Anmerkung: die Kontaktdaten der Autoren finden Sie auf der Seite „Über uns„]
Ersatz für fehlende Eignungskriterien
Es wird vorkommen, dass Ihr Unternehmen die geforderten Eignungsnachweise nicht erfüllt. Ein Grund, die Ausschreibung abzuhaken? Mitnichten!
Während Nachweise zur Zuverlässigkeit (wie z.B. einschlägige Verurteilungen oder Zahlungsrückstände gegenüber dem Sozialversicherungsträger) von jedem Beteiligten der Ausschreibung erfüllt und nachgewiesen werden müssen, können andere Kriterien – insbesondere der Leistungsfähigkeit – durch Dritte ergänzt (substituiert) werden: „Fehlt“ dem Informationstechniker die Befugnis zur Vornahme von Trockenbauarbeiten, zieht er im Angebot oder in der Teilnahmeunterlage einen geeigneten und befugten Trockenbaumeister hinzu. Fehlen EUR 50.000,– zum geforderten durchschnittlichen Jahresumsatz, können diese mit dem Umsatz eines leistungsfähigen Kooperationspartners ergänzt werden. Der Auftraggeber muss die Umsätze dann addieren.
Tabelle III.1: Substituierung von Nachweisen
Bereich Regelung BVergG Kann Auftraggeber andere Nachweise verlangen? Darf der Bewerber substituieren?
Zuverlässigkeit § 72 BVergG Sehr eingeschränkt Nein
Befugnis § 71 BVergG Nein Ja
Finanzielle Leistungsfähigkeit § 74 BVergG Ja Ja
Technische Leistungsfähigkeit § 75 BVergG Nein, er darf die vorgesehenen Kriterien aber konkretisieren Ja
Einzige Voraussetzung: Der Bieter muss den Nachweis erbringen, dass ihm die für die Ausführung des Auftrages erforderlichen Mittel des / der anderen Unternehmen im erforderlichen Ausmaß auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Üblicherweise sorgt der Auftraggeber schon in seiner Ausschreibungsunterlage dafür, dass Bieter dies – z.B. durch Vorlage einer unterfertigten Verfügbarkeiterklärung oder Beilage eines verbindlichen Angebots des betreffenden Unternehmens – mit dem Angebot nachweisen müssen. Macht er das nicht, ist es ratsam, dass der Bieter dies aus eigener Initiative vornimmt.
Muster Verfügbarkeitserklärung
< Name und Anschrift >
< Name zeichnungsberechtigter Vertreter >
< Kontaktangaben >Betreff: Verfügbarkeitserklärung
Ich erkläre hiermit, dem Bieter < Name und Anschrift > im Rahmen der Ausschreibung < Name > im Fall der Beauftragung für die Laufzeit des Vertrages im angebotenen Ausmaß zur Verfügung zu stehen und dass die zum Nachweis der Eignung angegebenen Mittel und Ressourcen vorhanden sind.
Für den Fall der Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zusätzlich anzugeben:
Ich verpflichte mich, für den Fall der Substituierung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters, die solidarische Haftung für jedwede finanzielle Ansprüche des Auftraggebers gegenüber dem Bieter als zukünftigem Auftragnehmer aus dem ggs. Auftrag zu übernehmen und in diesem Zusammenhang auf jegliche Einreden und Einwendungen zu verzichten.
Zum Zeichen meines (unseres) Einverständnisses zeichne(n) ich (wir) rechtsgültig wie folgt:
……………………………… …………………………………………………………………………
< Ort, Datum > < Rechtsgültige Fertigung & Stampiglie >
Eignungsnachweis durch Eigenerklärung
Grundsätzlich sollte die Eignung genau so nachgewiesen werden, wie es der Auftraggeber in seinen Unterlagen festgelegt hat. Bei kleineren Auftragswerten (ab Inkrafttreten des BVergG 2012 für den gesamten Unterschwellenbereich, also nur national bekannt gemachten Vergaben), muss der Bieter seine Eignung grundsätzlich aber nur durch Abgabe einer sogenannten Eigenerklärung nachweisen können. Mit dieser bestätigt das Unternehmen, dass es die geforderten Kriterien erfüllt. Eine rechtskonforme Eigenerklärung muss zumindest wie folgt aussehen:
Eigenerklärung zum Eignungsnachweis
„Ich, … < Name des Unternehmens >, erkläre, die in der Ausschreibung < Name Auftraggeber, Ausschreibung > festgelegten Eignungskriterien zu erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen zu können.
Ich verfüge über folgende Befugnis(se): < Angabe Befugnisse >
Aber Achtung: Die „echten“ Nachweise müssen gegebenenfalls auf Aufforderung des Auftraggebers binnen kürzester Frist nachgereicht werden können. Im Oberschwellenbereich (das sind Vergaben, die EU-weit bekannt gemacht werden müssen), ist der Auftraggeber sogar dazu verpflichtet, wenn Sie als Bestbieter ermittelt werden. Im Ergebnis ist es also ratsam, die Nachweise zumindest „abrufbereit“ zu halten.
Mängel beim Eignungsnachweis
Wenn Ihnen ein Fehler beim Nachweis der Eignung unterlaufen ist, heißt das nicht zwingend, dass Sie nicht mehr an der Ausschreibung teilnehmen können. Das BVergG regelt nicht nur Pflichten für Auftraggeber sondern auch Rechte für Bieter:
- Wenn Sie über die geforderte Eignung verfügen und Ihnen „nur“ einen Nachweisfehler unterlaufen ist, können Sie diesen beheben (siehe auch Kapitel I)
- Der Auftraggeber muss Ihnen vor einem Ausschluss bekannt geben, warum er Sie ausschließen will und …
- … Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. Aufklärung, ggf. auch zur Behebung geben, wenn diese möglich ist
- Können Sie einen verlangten Nachweis aus einem „berechtigten Grund“ nicht beibringen, geben Sie im Angebot oder der Bewerbungsunterlage den Grund an und versuchen Sie, das Vorliegen der Eignung durch einen anderen geeigneten Nachweis zu belegen
Grundsätzlich ist auch zu beachten, dass der Wegfall der Eignung nach den oben angeführten Zeitpunkten, z.B. durch das Ausscheiden eines Subunternehmers, den man zum Nachweis der Befugnis benötigt, zum Ausscheiden des Bieters führt!
Festlegung der Eignung
Vorab ist festzuhalten, dass es Vergabeverfahren gibt, in welchen der Auftraggeber überhaupt keine formelle Eignungsprüfung vornimmt. So in der Regel bei der Beauftragung durch eine Direktvergabe oder in Verfahren ohne Bekanntmachung, weil er z.B. Kenntnis vom Bestehen der Eignung und Leistungsfähigkeit hat. Da gibt es dann natürlich auch keine Festlegungen.
In formal geführten Vergabeverfahren ist die Festlegung von Eignungskriterien und deren Nachweis die Regel. Der Auftraggeber hat dabei zwar einen relativ großen Spielraum. Dies aber nur in gewissen Grenzen:
- Gemeinsam ist allen Kriterien, dass sie zwar einen Bezug zum Auftrag haben dürfen (sonst könnte man z.B. keine auftragsbezogenen Referenzen einfordern), sich aber ansonsten primär auf das Unternehmen und seine Performance beziehen müssen und nicht auf qualitative oder wirtschaftliche Aspekte der Abwicklung der Leistung (z.B. Einforderung und Beurteilung von Listenpreisen). Das wird dann im Rahmen der Angebotsbewertung gemacht.
- Darüber hinaus darf die Eignung nur insoweit eingefordert werden, als dies durch den konkreten Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Das ist natürlich nicht immer leicht festzumachen. Aber eine nicht gerechtfertigte, überzogene Festlegung von Eignungskriterien kann rechtswidrig sein! Bei der Festlegung des nachzuweisenden Jahresumsatzes im Rahmen eines Bauauftrags kann ein Auftraggeber z.B. das 3 – 5fache des Auftragswertes verlangen.
- Außerdem müssen Eignungskriterien als K.O. – Kriterien grundsätzlich messbar definiert sein und konkrete Anforderungen und Grenzen aufweisen (z.B. Mindestumsatzzahl, Anzahl der nachzuweisenden Referenzen usw.). Eine „Referenzliste“ ist kein messbares Kriterium, sondern eben nur eine Liste.
Eine gute erste Übersicht, was Auftraggeber als Eignungsnachweisen einfordern können, bietet das Bundesvergabegesetz selbst. Es führt in den §§70 ff an, welche Kriterien es gibt und wie diese grundsätzlich nachgewiesen werden müssen:
Tabelle II.1: Eignungskategorien
Kategorie Prüfbereich Mögliche Kriterien / Nachweise Anmerkung
Technische Leistungsfähigkeit Technische Mindestanforderungen Referenzen, Ausbildungsnachweise, technische Ausrüstung etc. Zum Teil nach Leistungskategorie (Bau, Lieferung, Dienstleistung) unterschiedlich
Finanzielle & wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Wirtschaftliche Mindestanforderungen Umsatz, Bonitätsauskunft, Berufshaftpflichtversicherung etc.
Befugnis Berechtigung zur Gewerbeausübung In der Regel Auszug aus dem Gewerberegister Beachten Sie insbesondere die Bestimmungen der GewO zur Ausübung von Nebenrechten!
Zuverlässigkeit (Nicht)vorliegen von Ausschlussgründen Kontoauszuges Sozialversicherungsanstalt, letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a Bundesabgabenordnung (BAO) Der Auftraggeber darf keine Ausschlussgründe festlegen, die über die gesetzlich angeführten hinausgehen!
Zeit & Eignung
Das Bundesvergabegesetz bestimmt genau, wann die Eignung im Lauf eines Vergabeverfahrens spätestens vorliegen muss:
Tabelle II.2: Zeitpunkt für das Vorliegen der geforderten Eignung
Direktvergabe Vertragsabschluss
Offenes Verfahren Angebotsöffnung
Nicht offenes Verfahren & Verhandlungsverfahren Aufforderung Angebotsabgabe
ACHTUNG: Änderungen durch BVergG – Novelle 2012:
Werden das nicht offene bzw. der Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gewählt, muss die Eignung ebenfalls erst zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen.
Das alles scheint auf den ersten Blick keine große Rolle zu spielen. Aber eben nur auf den ersten Blick: Die o.a. Tabelle veranschaulicht, wann nach dem BVergG die Eignung spätestens vorliegen muss, nicht wann sie nachzuweisen ist. Das bedeutet:
- Dass man aufpassen muss, dass alle vorgelegte Nachweise mit einem Datum versehen sind, das vor diesem Zeitpunkt liegt.
- Ein Mangel im Eignungsnachweis behebbar ist, sofern die Eignung tatsächlich schon zum geforderten Zeitpunkt bestanden hat.
Nicht gänzlich klar ist, was es für einen Newcomer, der sein Unternehmen im Jahr 2011 gegründet hat, bedeutet, wenn er im Rahmen einer Ausschreibung im Jahr 2012 Referenzen der letzten drei Jahre nachweisen muss. Viele Ausschreibungen sehen ausdrücklich vor, dass Unternehmer Nachweise nur für den Zeitraum seit ihrer Gründung nachweisen müssen. Findet man keine derartige Passage, heißt es aufpassen: Folgt man Teilen der Judikatur und Literatur, hat der Auftraggeber das Recht, solche Bieter auszuscheiden, da sie ja streng genommen die geforderte Eignung nicht erfüllen. In solchen Fällen sollte man rechtzeitig beim Auftraggeber nachfragen, oder einen Kooperationspartner suchen, der diese Voraussetzung ergänzt. (Mehr dazu in Teil 3 dieser Artikelserie, der in ca. 2 Wochen hier erscheint).
Tippkatalog
- Wenn Sie im Vorfeld der Ausschreibung Kontakt mit dem Auftraggeber haben, machen sie ihn als Kleinunternehmer darauf aufmerksam, dass er mit zu hohen Hürden bei den Eignungskriterien den Wettbewerb zu seinem eigenen Nachteil einschränkt und damit regionale und KMU-freundliche Teilnahmen erschwert.
- Prüfen sie im Zweifel die Zulässigkeit eines konkreten Kriteriums anhand des BVergG [siehe o.a. Tabellen] bzw. Auftragsgegenstandes. Ist das Kriterium unternehmensbezogen? Steht es in Relation zur Größe des Auftrags?
- Stellen Sie rechtzeitig eine konkrete Anfrage oder regen Sie ggf. eine Berichtigung des betreffenden Eignungskriteriums an. Nicht jedem Auftraggeber ist bewusst, welche Folgen eine rechtswidrige Festlegung haben kann.
- Beachten Sie, dass Sie insbesondere Kriterien der technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit durch die Beiziehung verfügbarer Partner substituieren können – mehr dazu in Teil III).
Der Auftraggeber fordert bei der Ausschreibung eines kleineren Auftrags EUR 500.000,– durchschnittlichen Jahresumsatz. Ja darf er denn das?! Außerdem gibt es meine Firma erst seit 2 Jahren! Und was ist bitte eine Strafregisterbescheinigung? Und wo kriege ich das zeitgerecht her?
Solche und ähnliche Fragen behandeln wir in der 3-teiligen Reihe „Im Dschungel der Eignungsnachweise“.
„§19 Abs.1 BVergG: Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen“
Dieser programmatisch formulierte Satz zieht eine beachtliche Kette an Regelungen und Anforderungen nach sich, die im Folgenden erklärt werden:
Systematische Einordnung & Funktion
Tabelle 1.1: §§-Verweis: Eignung im BVergG
§§ 68 – 78 BVergG 2006 in der Fassung 2011
Laut Bundesvergabegesetz sind Eignungskriterien die vom Auftraggeber festgelegten, nicht diskriminierenden, auf den Leistungsinhalt abgestimmten Mindestanforderungen an den Bewerber oder Bieter.
Anhand der Eignungskriterien prüft der Auftraggeber, ob ein Bewerber oder Bieter überhaupt die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, die zur Abwicklung des Auftrags erforderlich ist. Das kann er nicht nur, dazu ist er – zumindest ab dem Erreichen bestimmter Schwellenwerte – verpflichtet. Denn das Vergaberecht legt fest, dass grundsätzlich – und das heißt wirklich in den allermeisten Fällen – nur geeignete Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag bedacht werden dürfen. Und das sind Bewerber, die die festgelegten Eignungskriterien zu 100% im Sinne von JA oder NEIN erfüllen.
Tabelle 1.2: Eignungskriterien Leistungsfähigkeit
Eignungsbereich § BVergG Kann AG andere Nachweise verlangen?
Technische Leistungsfähigkeit § 75 BVergG NEIN
Finanzielle Leistungsfähigkeit § 74 BVergG JA
Von den Eignungskriterien abzugrenzen sind die „Zuschlagskriterien“. Dies sind – im Gegensatz zu den Unternehmensbezogenen Eignungskriterien, mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängenden Kriterien, nach welchen das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird, wie zB Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften.
Tabelle 1.3: Rechtshinweis: 3 Grundsätze zur Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien
Das Vergaberecht legt Wert auf eine strenge Trennung von Eignungskriterien und Zuschlagskriterien in einer Ausschreibung. Das bedeutet - egal, um welche Verfahrensart es sich auch handeln mag:
1. Auftraggeber dürfen grundsätzlich keine primär leistungs- bzw. produktbezogenen Eignungskriterien (z.B. zu erwartende Qualität der Leistungsumsetzung) sowie umgekehrt …
2. … keine unternehmensbezogenen Zuschlagskriterien (z.B. Qualifikation des Personals) festlegen
3. und Eignungskriterien nicht nochmals als Zuschlagskriterien einsetzen (z.B. „Berufserfahrung Schlüsselpersonal“ - sog. „Doppelverwertungsverbot“).
In 2-stufigen Verfahren tauchen auch sog. Auswahlkriterien auf. Sie dienen dazu, die besten Unternehmen auf der 1. Stufe des Verfahrens auszuwählen, die dann in der 2. Stufe zur Angebotslegung eingeladen werden. Sie sind zwar unternehmensbezogen, dienen aber einer Bewertung im Sinne von BESSER / SCHLECHTER als. Der Auftraggeber ist hier sehr frei zu bestimmen, wie und anhand welcher Kriterien er die besten Bewerber auswählen will, etwa durch: die Anzahl von Referenzprojekten, die Erfahrung des Schlüsselpersonals der Anteil des branchenspezifischen Umsatzes usw.
In der Ausschreibung
In einstufigen Verfahren (z.B. offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung) finden sich die Anforderungen zur Eignung entweder direkt im Bekanntmachungstext oder in der Ausschreibungsunterlage. Je nach Auftragstypus und Kriterium können diese in immer wieder ähnlicher Form auftauchen und standardisiert sein oder aber – v.a. bei der Vergabe von komplexeren Aufträgen oder geistigen Dienstleistungen – sehr spezifisch ausformuliert sein. Man darf sich auch vom äußeren Anschein einer Regelung nicht täuschen lassen – kompliziert Formuliertes kann einfach nachzuweisen ein, eine kurze Passage dagegen viel Aufwand verursachen.
Die u.a recht komplex formulierte Passage zum Nachweis der Berechtigung zur Leistungsausübung kann in der Regel ganz einfach durch den Nachweis eines aktuellen Gewerberegisterauszugs zu erbringen sein:
Ganz anders können sich dann schon Regelungen und Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit darstellen, wenn es etwa um Referenzen – hier z.B. im Rahmen einer Informationskampagne – geht:
Was in diesem Beispiel mit einer Nennung von Muss-Kriterien für Referenzprojekte beginnt, führt im konkreten Fall über eine Textlänge von mehr als 2 A4 Seiten(!). Hier gilt es, die Anforderungen genau zu lesen und umzusetzen.
Manchmal können sich auch recht ungewöhnliche Anforderungen in Eignungskriterien verstecken, so z.B. die Anforderung einer Strafregisterauszugs, oder Fotografien der zu liefernden Erzeugnisse. Aus dem privatwirtschaftlichen Bereich bekannter sind da schon Qualitätssicherungsnormen und Normen für Umweltmanagement oder Qualitätsbescheinigungen für Produkte.