Fehler in der Praxis auf Auftragnehmerseite: behebbare Mängel

On 2. Mai 2012, in Angebot erstellen, Vergaberecht, by Dr. Michael Breitenfeld / Mag. Robert Ertl

Durch die Komplexität und Vielschichtigkeit der Vergaberechtsbestimmungen können sehr leicht Fehler entstehen. Für einen Bieter kann ein Fehler im Angebot zu einem Ausscheiden desselben und sohin zu einem Verlust eines erhofften bzw. manchmal sogar dringend benötigten Auftrages führen.

Festzuhalten ist, dass die Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und insbesondere immer die aktuelle Rechtssprechung beachtet werden muss, da sich die hier zitierte Judikatur ändert.

 

Behebbare vs. unbehebbare Mängel

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186-9 – unter Bezugnahme auf Aicher (in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechtes (1985), 363 f und 411 f) – sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087) präzisierte diese Rechtsprechung dahingehend, dass ein Mangel, welcher eine inhaltliche Änderung des Angebotes hinsichtlich eines Bereiches, der für die Bewertung der Angebote relevant ist, unbehebbar wäre.

Ein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behebbarer Mangel stellt daher keine (materielle) nachträgliche Änderung des Angebotes dar, vielmehr bleibt dieses materiell (seinem Inhalt nach) unverändert. Was unter behebbaren oder unbehebbaren Mangel zu verstehen ist, orientiert sich daran, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen könnte. Entscheidend ist somit, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinem Mitbewerber materiell verbessern würde. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in dem Angebot sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszuscheiden (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0050).

Festzuhalten ist, dass es nicht im Ermessen des Auftraggebers liegt, einen unbehebbaren Mangel als behebbar zu behandeln und dem Bieter Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.

Ebenso wenig steht es in der Disposition des Auftraggebers, durch Regelungen in den Ausschreibungsbedingungen, bestimmte Mängel in Angeboten gleichsam als unbehebbar zu qualifizieren. Fehlerhafte oder unvollständige Angebote sind nämlich nur dann auszuscheiden, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind. Es ist somit ein objektiver Maßstab bei der Prüfung des Vorliegens eines behebbaren bzw unbehebbaren Mangels anzulegen (BVA 25.8.2004, 16N-64/04-39).

 

Beispiele für Fehler des Bieters, die verbessert werden können:

 

1. BVA 30.6.2003, 14N-53/03-12

Der Verwaltungsgerichtshof spricht davon, dass sogar das Fehlen einer in den Ausschreibungsbedingungen geforderten firmenmäßigen Unterfertigung eines Angebotes einen verbesserungsfähigen Mangel bedeutet, sofern nur ein rechtsverbindliches Angebot vorliegt (vgl. VwGH 26.2.2003, 2001/04/0037). Dies muss auch für das Fehlen der gebotenen Unterfertigung des einem über Datenträgeraustausch einschließlich Kurz-LV eingereichten Angebot beizulegenden Lang-LV gelten.

2. BVA 17.9.1997, F-7/97-17

Das Fehlen eines Gesamtpreises ist ein verbesserbarer Mangel.

3. B-VKK 3.4.1997, S-19/97-12 / BVA 26.5.1997, N-7/97-12

Die Nichtabgabe in der Ausschreibung verlangter Kalkulationsblätter und eine nicht konkrete Spezifikation der zu verwendenden Produkte sind zwar als behebbare Mängel anzusehen.

4. BVA 20.3.2003, 12N-10/03-11

Die Nichtabgabe von Kalkulationsblättern ist als behebbarer Mangel zu qualifizieren, der grundsätzlich auch nicht vom Auftraggeber durch Festlegung in den Ausschreibungsbedingungen zu einem unbehebbaren Mangel umgedeutet werden kann.

5. BVA 1.10.1999, N-39/99-18

Ist die Qualität der angebotenen Erzeugnisse kein Zuschlagskriterium bzw ist sie, soweit für den Auftraggeber relevant, bereits durch die Spezifikation in der Ausschreibung festgelegt, hat die Angabe des Erzeugnisses, mit dem der Bieter den festgesetzten Ausschreibungsstandard erfüllen will, keinen Einfluss auf den Wert des Angebotes für den Auftraggeber und daher auch keinen Einfluss auf die Stellung des Bieters im Wettbewerb.

In diesem Fall ist daher das ursprüngliche Nichtausfüllen der Bieterlücke im Hinblick auf die Angabe des Erzeugnisses als behebbarer Mangel anzusehen. Bei der Aufforderung zur nachträglichen Mängelbehebung hat der Auftraggeber den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter einzuhalten, weshalb der Auftraggeber sämtliche für die Zuschlagserteilung in Betracht kommende Bieter bei der Mängelbehebung zum selben Zeitpunkt unter Setzung der gleichen Frist zur Mängelbehebung aufzufordern hat.

6. VwGH 24.2.2006, 2004/04/0078

Beim Fehlen des Nachweises einer im maßgeblichen Zeitpunkt bereits vorhandenen Befugnis handelt es sich um einen behebbaren Mangel.

7. VwGH 27.6.2007, 2005/04/0111

Das für die Bfin bereits verbindliche Angebot (das zulässigerweise gemäß § 94 Abs. 4 BVergG 2002 vom Auftraggeber berichtigt werden durfte) wäre durch die Nachreichung eines den Ausschreibungsbestimmungen entsprechenden Datenträgers nicht geändert worden, weswegen die Nachreichung für sich genommen zu keiner materiellen Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Bfin geführt hätte (Hinweis E 29. Juni 2005, 2005/04/0024).

Beispiele für Fehler des Bieters, die zum Ausscheiden des Angebots führen, lesen Sie hier in Kürze.